Leichtfiguren: Stärken, Schwächen, Unterschiede


In dieser Trainingseinheit soll auf die Unterschiede zwischen Laeufer und Springer eingegangen werden und die Staerken der jeweiligen Figur (deren Fehlen meist auch eine Schwaeche der andere Figur ist) herausgearbeitet werden. Zunaechst zwei Beispiele, die eine Staerke des Laeufers hervorheben: Seine Langschrittigkeit.

(1) Stellung 1 - Laeufer vs. Springer
2002
[Kiefhaber,Holger]

In dieser Stellung ist klar, dass der Laeufer den weissen Freibauern kontrolliert, obwohl er sich raeumlich weit entfernt von diesem Bauern befindet und der Bauer bis auf die vorletzte Reihe vorgedrungen ist.

(2) Stellung 2 - Laeufer vs. Springer
2002
[Kiefhaber,Holger]

Die gleiche Stellung wie eben, nur mit einem schwarzen Springer statt Läufer auf h1. Obwohl der weiße Bauer noch auf seinem Ausgangsfeld steht, ist Schwarz nicht in der Lage, die Umwandlung zu verhindern. Z.B.: 1.a4 Sf2 2.a5 Sd3 3.a6 Sb4 4.a7 und der Bauer laeuft zur Dame. 

Im Gegensatz zu den eben gesehenen Stellungen, in denen man den Vorteil der Langschrittigkeit des Laeufers beobachten konnte, laesst sich in den beiden folgenden Stellungen eine Staerke des Springers erkennen: Seine 'Wendigkeit' - die Faehigkeit, die Felderfarbe zu wechseln.

(3) Stellung 3 - Laeufer vs. Springer
2002
[Kiefhaber,Holger]

In der vorliegenden Stellung ist es z.B. auf den ersten Blick ersichtlich, dass der Weisse keine Fortschritte machen kann, obwohl er eine ganze Figur mehr hat!

(4) Stellung 4 - Laeufer vs. Springer
2002
[Kiefhaber,Holger]

In dieser blockierten Stellung zeigt sich, wie wichtig die Eigenschaft des Springers sein kann, die Feldfarbe zu wechseln. Weiß gewinnt ganz einfach, z.B. wie folgt: 1.Sb3 Kd6 2.Sc1 Ke6 3.Se2 Kf6 [oder 3...Kd6 4.Sg3] 4.Sc3 und Weiß gewinnt.

(5) Stellung 5 - Laeufer vs. Springer
2002
[Kiefhaber,Holger]

Ein weiteres Beispiel fuer den Nutzen der Langschrittigkeit: Trotz der scheinbar erdrückenden Übermacht von acht schwarzen Bauern gegen den einsamen weißen Laeufer kann Weiß dank der großen Reichweite des Laeufers leicht remis halten mittels: 1.Ld7+ Ka3 2.Lc6 und Schwarz kommt nicht weiter.

(6) Stellung 6 - Laeufer vs. Springer
2002
[Kiefhaber,Holger]

Hier ein wichtiges Motiv, das eine Schwäche des Springer demonstriert: Der Kampf gegen einen Randbauern. Obwohl sich sowohl Springer als auch König von Schwarz direkt am Ort des Geschehens befinden, kann der Einzug des weißen Randbauern nicht mehr verhindert werden! 1.a6+-

(7) Stellung 7 - Laeufer vs. Springer
2002
[Kiefhaber,Holger]

In dieser Stellung kann eine Stärke des Springers beobachtet werden, die mit seiner Fähigkeit zusammenhängt, die Feldfarbe zu wechseln: Der Springer kann eine Art Barriere errichten! Obwohl der schwarze König hoffnungslos weit weg zu sein scheint, kommt er gerade noch rechtzeitig, um den weißen König nach dessen erzwungenen 'Umweg' vor seinem eigenen Bauern in der Ecke einzusperren! 1.Ke5 Kg3 2.Kd4 Kf4 3.Kc5 Sa8 4.Kc6 Ke5 5.Kb7 Kd6 6.Kxa8 Kc7 Patt!

(8) Stellung 8 - Laeufer vs. Springer
2002
[Kiefhaber,Holger]

Ein weiteres typisches Motiv, das die Überlegenheit eines Läufers gegenüber einem Randspringer zeigt: 1.Le5! Der schwarze Springer ist lahmgelegt. Schwarz geraet in Zugzwang und muss den Bauern passieren lassen, z.B. 1...Ke7 2.Kc5 Kd7 3.d6 [3.Kb6?? Sf6! 4.Lxf6 Kd6=] 3...Ke6 4.Kc6 Kxe5 5.d7+-

(9) Stellung 9 - Laeufer vs. Springer
2002
[Kiefhaber,Holger]

Hier nun ein Beispiel fuer die 'Wendigkeit' des Springers. Die Stellung ist in ihrer Art einzig. Wie soll Weiß gewinnen können, da doch die Eroberung des Bauern zu einem unentschiedenen Endspiel führt?! Trotzdem kommt Weiß wegen der äußerst ungünstigen Aufstellung des Läufers zum Erfolg. 1.Kh6 Kh8 2.Sh4 Kg8 Bittere Notwendigkeit. Der Versuch, den Laeufer freizuspielen, fuehrt zum Matt. 3.Sf3 Kh8 4.Se5 Kg8 Schwarz muss dem Lauf der Ereignisse tatenlos zusehen. 5.Sc6 Kh8 6.Se7 Lg8 7.Sg6#

(10) Stellung 10 - Laeufer vs. Springer
2002
[Kiefhaber,Holger]

Weiß kann sich bei einer derart schlechten Königsstellung scheinbar keinerlei Hoffnung machen. Es zeigt sich jedoch, dass der gegnerische König Schritt für Schritt zurückweichen muss, der weiße an seinen Bauern herankommt und Schwarz schließlich in Zugzwang gerät und verliert. 1.a7 Kg4 2.Kf2 [Selbstverständlich nicht 2.Kh2? Kf4 3.Kxh3 Ke5 4.Kg4 Kd6 5.Kf5 Kc7 6.Ke5 Sa8! 7.Lxa8 Kb6=] 2...Kf4 3.Ke2 Kf5 4.Ke3 Ke5 5.Kd3 Ke6 6.Kc3 Kd6 7.Kb4 Kd7 8.Kb5 Kc7 9.Ka6 und Weiß hat sein Ziel erreicht. Dieses elementare Beispiel beweist anschaulich, wie sehr der Läufer dem Springer bei einem Spiel auf zwei Flügeln überlegen ist. Die Aufgabe, das Vorrücken des gegnerischen Bauern zu verhindern und den eigenen zu unterstützen, wurde durch den Läufer ideal erfüllt.

(11) Smyslow - Derkatsch
Kiew, 1937
[Kiefhaber,Holger]

Ein Beispiel für die Stärke des Springers in blockierten Positionen. Die Stellung entstammt der Partie Smyslow-Derkatsch, Kiew 1937. Der weiße Vorteil ist offensichtlich. Der Läufer muss die Bauern verteidigen, der König die Punkte e5 und g5 bewachen. Schwarz hat fast keinen nützlichen Zug und gerät schnell in Zugzwang. 1.a6 g6 2.fxe4 fxe4 [oder 2...dxe4 3.g3 Ld3 4.d5 Lc4 5.d6 Ke6 6.Kg5 Kxd6 7.Kxg6 Ke5 8.Kxh5 Kf6 9.Kh6 Ld3 10.Sd5+ Ke5 11.Kg7+-] 3.g3 Ke6 4.Kg5 Kf7 5.Sd1 Lf1 6.Sf2 Kg7 7.g4 hxg4 8.Sxg4 Lh3 9.Sf6 Le6 10.Se8+ 1-0

(12) Spielmann - Hoenlinger
Wien, 1929
[Kiefhaber,Holger]

Ein Beispiel für die Stärke des Läuferpaars im Mittelspiel. Die Läufer wirken auf den langen Diagonalen vernichtend gegen den schwarzen König. 1.Sf5! Dc5 [1...gxf5 2.Lxf5 f6 3.Lxe6+ Kh8 4.Td7+-] 2.Te5 Ld5 3.Se7+! Dxe7 4.Dxh7+ Kxh7 5.Th5+ Kg8 6.Th8# 1-0

Zum Abschluss zwei Beispiele aus der Rubrik 'Springer setzen matt'.

(13) Levitzky - Marshall
Breslau, 1912

Der folgende Zug im ersten Beispiel wird ab und zu als 'der schönste Zug der Schachgeschichte' bezeichnet, und der Legende nach soll es danach Goldstücke über das Brett geregnet haben, die von einem begeisterten Zuschauer und Mäzen stammten... 1...Dg3! Die Dame kann auf drei Arten genommen werden, und doch entscheidet jedesmal der schwarze Springer den Tag 2.hxg3 Weiß gönnt dem Schwarzen den Triumph. Auch andere Züge halfen nicht mehr: [2.Dxg3 Se2+ 3.Kh1 Sxg3+ 4.Kg1 (4.fxg3 Txf1#) 4...Se2+ 5.Kh1 Tc3-+; 2.fxg3 Se2+ 3.Kh1 Txf1#] 2...Se2# 0-1

(14) Marache - Morphy
New York, 1857

Morphy beendet die Partie mit einem Keulenschlag, der die Stärke der Springer demonstriert: 1...Sg3! 2.Dxg6 Sde2#

0-1