Die Kunst der Verteidigung


(11) Beispiel 3.1: Schirm (2340) - Gerstner,W (2365) [A13]
Länderkampf, 1993

Es gibt zwei Arten von Verteidigung, die passive und die aktive. Bei einer passiven Verteidigung muss man darauf achten, Schwächen zu vermeiden (vor allem Bauernschwächen!), keinem gegnerischen Material nachzujagen, angreifende Figuren abzutauschen oder durch Rückgabe von geopfertem Material dem Angriff die Spitze zu nehmen. Die aktive Verteidigung kommt mit einem Minimum an verteidigenden Figuren aus, organisiert den Gegenangriff und stellt meist auf einem anderen Brettabschnitt selbst Drohungen auf. Oft gehen passive und aktive Verteidigung Hand in Hand. --- Im ersten Beispiel gruppiert Schwarz erst seine Figuren um und tauscht Angreifer ab (passive Verteidigung). Weiss schwächt sich, um Angriffschancen zu bewahren, und wird letztlich Opfer dieser Schwächungen: 1.Sf3 d5 2.c4 c6 3.g3 Sf6 4.Lg2 e6 5.b3 Ld6 6.Lb2 Sbd7 7.0-0 e5 8.cxd5 cxd5 9.d4 e4 10.Se5 0-0 11.f4 Sb6 12.e3 Se8! [Falsch ist der Tausch des Angreifers, da ein mächtiges Zentrum entsteht: 12...Lxe5? 13.dxe5 Sg4 14.Ld4 Sh6 15.Sc3 Le6 16.Dd2±] 13.a4 f6 14.a5 Sd7 15.Sg4? [Ein typischer Fehler. Weiss will seinen Angriff weiterführen, statt sich mit Ausgleich zu begnügen. Dadurch geraten seine Figuren auf schlechte Felder: 15.Sxd7 Lxd7 16.Sc3 Lc6 17.La3 Lxa3 18.Txa3 Tc8=] 15...Sb8! 16.Sc3 Le6 17.Lh3 Kh8 18.f5 Lf7 19.Se2 Sc6 20.Lc3 b6! [Der weisse Angriff ist gestoppt. Schwarz öffnet Linien am Damenflügel, um dort zu Gegenspiel zu kommen. Weniger gut ist: 20...Lb4 21.Lxb4 Sxb4 22.Sf4 Sc7 23.Dd2 Sc6 24.Tfc1=] 21.Sf4 Lxf4 22.Txf4 bxa5 23.Sf2 [Auch ein Opfer hilft nicht weiter: 23.Se5? fxe5 24.dxe5 Db6 25.Kf2 Sb4 26.Lf1 Tc8-+] 23...Tb8 24.Lg4 Sd6 25.Dc2 g5 [25...Db6! 26.Ld1 Sb5 27.Lb2 Tfc8µ] 26.fxg6 hxg6 27.h4? [27.Sd1 f5 28.Lh3 g5 29.Tf1 Lh5µ] 27...g5 28.hxg5 fxg5 29.Txf7 Sxf7 30.Kg2 Sd6 31.Le6 Df6 32.Th1+ Kg7 33.Lxd5 Df3+ 34.Kg1 Dxg3+ 35.Kf1 Sf5 36.Ld2 Sfxd4 [36...Sh6! 37.Le1 Sg4 38.Dd2 Sxe3+ 39.Ke2 Df3#] 37.Th7+ [37.Lc3! Tf6 38.exd4 Tbf8 39.Le1 Sb4-+] 37...Kxh7 0-1

(12) Beispiel 3.2: Horvath,G (2440) - Gerstner,W [B42]
Boeblingen Boeblingen, 1988

Im zweiten Beispiel missglückt Schwarz die Eröffnung, er gerät in eine absolut passive Verteidigung. In der Folge muss er sehr vorsichtig agieren und jede Schwächung vermeiden. Als Weiss den Druck verringert, gelingt der Ausgleich durch einen Tausch mehrerer Angreifer: 1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 a6 5.Ld3 Sc6 6.Sxc6 dxc6 7.0-0 e5 8.Sd2 Se7 9.Sc4 Sg6 10.Le3 Le6 [10...b5 11.Sb6 Tb8 12.Sxc8 Dxc8²] 11.Dh5 f6? [Zu oberflächlich auf den Erhalt des Läuferpaars gespielt. Stattdessen werden nun die weissen Felder schwach. Ausgleich versprach: 11...Ld6! 12.Sxd6+ (12.Tad1? Lc7 13.Le2 De7 14.b3 b5³) 12...Dxd6 13.Tad1 Db4=] 12.Sb6 Tb8 13.Tfd1 Dc7 14.a4 c5! [Schwarz muss zwischen zwei Übeln wählen. Mit dem Partiezug wird das Feld d5 schwach, allerdings auch das Zusammenspiel der weissen Figuren gestört. Eine "normale" Entwicklung ist schon nicht mehr möglich: 14...Le7? 15.a5 (15.Lc4 Lxc4 16.Td7? Dxd7 17.Sxd7 Kxd7µ) 15...0-0 16.Lc4 Lxc4 17.Td7+-] 15.Sd5 Dd7 [Der Kampf um die weissen Felder muss genau geführt werden. So versagt: 15...Dc6?! 16.Le2 Ld6 17.Lg4 Lxg4 18.Dxg4±] 16.Le2 Ld6 17.a5 0-0 18.Sb6 Dc6 19.Lc4 Lxc4 20.Sxc4 Tfd8! [Der Vorteil dieses Turmes besteht darin, dass dem Sg6 das Feld f8 frei gemacht wird, von wo aus er e6 kontrolliert. Diese Option fehlt bei: 20...Tbd8?! 21.Td3 Lc7 22.Txd8 Lxd8 23.Dg4 Lc7 24.Td1 Se7 25.Td7 f5 26.Dd1±] 21.Dg4?! [Der falsche Plan, denn am Königsflügel wird Weiss nicht weit kommen, er hat einfach zu wenige Angreifer dort. Seinen Vorteil behält er durch das konsequente 21.Td5 Se7 22.Txd6 Txd6 23.Sxd6 Dxd6 24.Td1 Dc7 25.Dg4 Td8 26.Txd8+ Dxd8 27.Kf1 (27.Lxc5? Dxa5 28.De6+ Kh8 29.Dc4 b5 30.Dd3 De1+ 31.Df1 Dxf1+ 32.Kxf1 Sc6=) 27...Dd6²] 21...Lc7 22.h4 Sf8 23.h5 Se6 24.c3 Kf7!= 25.Df3 Db5 26.De2 Txd1+ 27.Txd1 Ke7 28.Ta1 Td8 29.Kf1 g6 30.hxg6 hxg6 31.f3 g5 [31...Sd4 32.cxd4 exd4 33.Ta3 dxe3 34.Sxe3 Dxe2+ 35.Kxe2 Le5=] 32.Kf2 Sd4 33.cxd4 exd4 34.Th1 dxe3+ 35.Sxe3 Dxe2+ 36.Kxe2 Ke6 37.Sc4 Td7 38.b3 Tg7 39.g4 Kd7 40.Th6 Tf7 41.Kd3 Ke6 42.Kc2 Td7 43.Th8 Td8 44.Th7 Td7 45.Th8 Td8 1/2-1/2

(13) Beispiel 3.3: Hierholz,B - Gerstner,W (2360) [B42]
Oberliga, 1998

Im dritten Beispiel greift Weiss schnell an, für Initiative und Angriff schwächt er allerdings einen Bauern und die schwarzen Felder. Schwarz umgeht alle taktischen Drohungen und eliminiert nach und nach die Initiative. Am Schluss bleiben die Schwächen von Weiss übrig: 1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 a6 5.Ld3 Sc6 6.Sxc6 dxc6 7.0-0 e5 8.Kh1 Lc5 9.Sc3 Se7 10.Dh5 Ld4 11.Se2 Sg6 12.Sxd4 Dxd4 13.f4? [Zu ungestüm, die Felderschwächen sind irreparabel. Viel besser war das bescheidenere 13.De2 Le6 14.c3²] 13...Sxf4 14.Lxf4 exf4 15.Txf4 Le6 16.Taf1 g6 17.Df3 0-0-0! [Schwarz muss vorsichtig agieren und die taktischen Möglichkeiten exakt berechnen. So verliert der Bauernraub 17...Dxb2? 18.Txf7 Lxf7 19.Dxf7+ Kd8 20.c3! Dxc3 21.Dxb7 Dxd3 22.Dxa8+ Ke7 23.Da7+ Ke6 (23...Kd8 24.Kg1 Dxe4 25.Da8+ Kc7 26.Dxh8+-; 23...Kd6 24.Tf6+ Ke5 25.De7+ Kd4 26.Td6+ Ke3 27.Txd3+ Kxd3 28.Da3+ Kxe4 29.Df3+ Ke5 30.Dc3+ Kd5 31.Dxh8+-) 24.Df7+ Kd6 25.e5+ Kc5 26.Da7+ Kb5 27.Db7+ Ka5 28.Dc7+ Kb5 29.a4+ Kxa4 30.Dxc6+ Kb3 31.Tf3+-; Auf dem Damenflügel steht der König besser, denn am Königsflügel soll einmal der Gegenangriff starten! Zu Ausgleich führt 17...0-0 18.b3 Tad8 19.Tf6÷] 18.b3 [Bei der langen Rochade musste vor allem das folgende taktische Scharmützel berechnet werden: 18.e5 Dxe5 (18...Dxb2? 19.Lxa6 bxa6 20.Dxc6+ Kb8 21.Dxa6 Ld5 22.Da4 Db7 23.Tb4 Lxg2+ 24.Kg1 Lxf1 25.Txb7+ Kxb7 26.Db3+ Ka6 27.Kxf1 The8÷) 19.Lxa6 Ld5 20.Dh3+ f5 21.Ld3 Dxb2³] 18...De5 19.De3? [Der entscheidende Fehler, welcher Weiss in wenigen Zügen in eine absolut passive Stellung zwingen wird. Weiss musste auch auf Kosten seiner Bauernstellung seinen schlechten Läufer abtauschen und das Endspiel anstreben: 19.Lc4! A) 19...Lxc4? 20.bxc4 Thf8 (20...Td2? 21.Txf7 Txc2 22.Dh3+ Kb8 23.Db3+-) 21.Txf7 Txf7 22.Dxf7 Dxe4 23.Tb1 Td7 24.Df8+ Kc7 25.Db4 Kb8 26.Df8+ Ka7 27.Dc5+ Kb8=; B) 19...Td2 20.Lxe6+ fxe6 21.Tf8+ Txf8 22.Dxf8+ Td8 23.Df3 h6³] 19...c5! 20.De1 Td4 21.T4f2 Thd8 22.Da5 T8d7 23.a3 Dc7 24.Dc3 [Etwas besser war der Damentausch mit Übergang in die passive Verteidigung: 24.Dxc7+ Kxc7 25.e5 b5µ] 24...Kb8 25.h3 h5 26.Tf3 g5! 27.Tf6 g4 28.h4 Dg3 29.De1 Dxe1 30.Txe1 Lxb3 31.Tf5 c4 32.cxb3 cxd3 33.Tf2 d2 34.Td1 g3 0-1

(14) Beispiel 3.4: Siemers,J - Gerstner,W (2365) [B85]
Bargteheide Bargteheide, 1989

Ein typisches Beispiel im Sizilianisch. Weiss greift am Königsflügel an, Schwarz kontert im Zentrum und verschafft sich damit gleichwertiges Gegenspiel. Nach einem zähen Lavieren übersieht Weiss ein Manöver: 1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 a6 5.Sc3 Dc7 6.Le2 Sf6 7.0-0 d6 8.a4 Le7 9.Kh1 0-0 10.f4 Sc6 11.Le3 Te8 12.Lf3 Ld7 13.g4?! [Weiss sollte den Gegenstoss im Zentrum unterbinden und erst den Tausch vermeiden: 13.Sb3 b6 14.Dd2 Tad8 15.Tad1 Lc8 16.Df2 Sd7 17.g4²] 13...Sxd4 [Schwarz muss das Zentrum öffnen, um den Angriff zu schwächen. Falsch ist deshalb 13...e5? 14.Sxc6 Lxc6 15.g5 Sd7 16.f5±] 14.Dxd4 e5 15.Dd1 exf4 16.Lxf4 Lc6 17.g5 Sd7 18.Lg2 [Weiss vermeidet hier und in der weiteren Folge Vereinfachungen, die ein Remis wahrscheinlich werden lassen: 18.Sd5 Lxd5 19.exd5 Lf8=] 18...Lf8 19.a5 Se5 20.b3 [20.Lxe5?! Txe5 21.Dg4 Tae8³] 20...g6 21.Le3 Lg7 22.Ld4 De7 23.Dd2 Tf8! [Wenn sich Schwarz passiv verhält, kann Weiss in aller Ruhe umgruppieren. Da der Angriff am Königsflügel gestoppt ist, wird dort Gegenspiel gesucht. Ausserdem werden die Felder f6 und h6 entlastet. Kritisch ist 23...Tad8? 24.Lb6 Td7 25.Tae1 De6 26.Sd5±] 24.Tad1 f6 25.gxf6 Txf6 26.Txf6 Dxf6 27.Tf1 De7 28.Lg1?! [Weiss verpasst die letzte Chance zu einem ausgeglichenen Endspiel: 28.Sd5 Lxd5 29.exd5 Sg4 30.Lxg7 Kxg7=] 28...Sf7! 29.Sd5 De5 30.c4 Te8 31.h4 Dg3 32.Df4 Dxf4 33.Txf4 Le5 34.Tf3 Kg7 35.Lh3 Lb2! 36.Tf2 La3 37.Tf4 Lc5 38.Sf6 Te5 39.Ld7 Lxg1 40.Kxg1 Lxd7 41.Sxd7 Txa5µ 42.c5 Tb5 43.cxd6 Sxd6 44.e5 Sf5 45.b4 Td5 46.e6 Td4 47.Txd4 Sxd4 48.Sc5 Kf6 49.Sxb7 Sxe6 50.Kf2 Ke5 51.Ke3 Kd5 52.Sa5 Sd4 53.Kf4 h6 54.Sb7 Sc6 55.Sc5 Sxb4 56.Sd7 a5 57.Ke3 Ke6 58.Sc5+ Kf5 59.Kf3 Sd5 60.Sa4 Ke5 61.Kg3 Kd4 62.Kf3 Sc3 63.h5 g5 0-1

(15) Beispiel 3.5: Kurz,E (2335) - Gerstner,W (2385) [D35]
BSK, 1991

Weiss holt aus der Eröffnung nichts heraus und plant dann ein Vorgehen der Bauern im Zentrum. Schwarz trifft Vorbereitungen, um das Zentrum sofort attackieren zu können: 1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 Sf6 4.Lg5 Sbd7 5.e3 c6 6.cxd5 exd5 7.Ld3 Le7 8.Sge2 0-0 9.Sg3 h6 10.Lxf6? [10.h4÷] 10...Sxf6 11.0-0 Te8 12.Dd2 Ld6 13.Tfe1 Sg4! 14.Sf1 [Weiss vermeidet Bauernschwächen: 14.h3?! Lxg3 15.hxg4 Lc7 16.Lf5 (16.f3? Lg3-+) 16...Lxf5 17.gxf5 Dh4 18.g3 Dh3 19.Dc2 Tad8µ] 14...Dh4 15.g3 [Schwarz erzwingt unter Tempoverlusten doch noch eine Schwächung. Nicht besser ist 15.h3 Sf6 16.Tad1 Dg5 17.Kh1 Lf5 18.Lxf5 Dxf5³] 15...Dd8 16.f3 Sf6 17.Tad1 Lh3! 18.Lc2 Lf8 19.Dd3 g6 20.e4? [Danach kommt Schwarz in Vorteil. Weiss sollte auf den Vorstoss verzichten und einen anderen Plan wählen: 20.g4 Lxf1 21.Txf1 Lg7³] 20...dxe4 21.fxe4 c5 22.d5 [Weiss vermeidet die Sprengung des Zentrums auf Kosten der Felderschwäche auf e5. Material geht verloren bei 22.dxc5 Lxc5+ 23.Se3 (23.Kh1 Sg4 24.Dxd8 Sf2+ 25.Kg1 Sxd1+ 26.Se3 Taxd8 27.Lxd1 Td2-+) 23...Dxd3 24.Txd3 Sg4 25.Scd1 Se5-+; Kaum zu verkraften sind die Schwächen nach 22.Se3 Dxd4 23.Dxd4 cxd4 24.Txd4 Lc5 25.Tc4 Tac8-+] 22...Lg4?! [Einfacher ist 22...Sg4! 23.Se3 (23.La4 c4 24.Dd4 Da5 25.Lxe8 Lc5-+) 23...c4! 24.Dd4 (24.Dxc4 Tc8 25.Dd3 Lc5-+) 24...Se5 25.Kh1 Sf3 26.Dxc4 Sxe1 27.Txe1µ] 23.e5 [Weiss will sich nicht mit der passiven Verteidigung zufrieden geben und bietet die Qualität an in der Hoffnung auf einiges Gegenspiel: 23.Td2 Sd7 24.Ld1 Se5 25.Dc2 Lxd1 (25...c4 26.Lxg4 Sxg4 27.Kg2 Se5 28.Se3 Dd7µ) 26.Dxd1 Dd7µ] 23...c4! [Dieser Zwischenzug lässt auch noch den Ta8 eingreifen, wonach der weisse Damenflügel zusammenbricht. Ausserdem wird jedes Gegenspiel vermieden, wie z.B. nach 23...Lxd1 24.Dxd1 Sh7 25.e6 Df6µ] 24.Dxc4 Db6+ 25.Kg2 [25.Se3 Lxd1 26.Sa4 Db4 27.Txd1 Txe5-+] 25...Lxd1 26.Sxd1 [26.Lxd1 Dxb2+ 27.Te2 Da1! 28.exf6 Tec8 29.Df4 Dxc3-+; 26.Txd1 Dxb2 27.Td2 Db4 28.Dd3 Txe5-+] 26...Tac8 27.Dd3 Sxd5 28.Lb3 Sc7 29.Df3 Se6 30.Sfe3 Lg7! 31.Sc4 Sg5! 32.Dd5 Dc6 33.Sd6 Dxd5+ 34.Lxd5 Tc2+ 35.Kf1 Txe5 36.Txe5 Lxe5 37.Sc4 Lc7 38.h4 Se6 39.Sde3 Tc1+ 40.Kf2 b5 41.Sa3 Sd4 42.g4 Kg7 43.Le4 Ta1 44.Ld5 Ld6 45.Sac2 Sxc2 46.Sxc2 Tb1 0-1

(16) Beispiel 3.6: Cohrs,C (2209) - Gerstner,W (2400) [B23]
Dresden (5), 1999

Nach Abschließen des Zentrums greift Weiss am Königsflügel an, allerdings mit zu wenigen Figuren. Schwarz nutzt dies zu einem Gegenangriff. In der Folge wollen beide Seiten aktiv bleiben und greifen deshalb mehrfach fehl. Der spannungsgeladene Kampf wogt hin und her, es herrscht Taktik pur und die Varianten sind in einer Turnierpartie kaum mehr zu berechnen: 1.e4 c5 2.Sc3 e6 3.Sf3 a6 4.g3 b5 5.Lg2 Lb7 6.d3 d6 7.0-0 Sf6 8.b3 Le7 9.Lb2 0-0 10.h3 Sc6 11.Sh2 d5 12.f4 d4 13.Se2 c4 14.g4 cxd3 15.cxd3 Tc8 16.g5 Sd7 17.Sg4 Sc5 18.Kh1 Kh8 19.h4 f5! [19...Sb4?! 20.Lxd4 Sbxd3 21.a3 b4 22.Db1²] 20.gxf6 Lxf6 21.h5 De8?! [Schwarz überschätzt seine Chancen am Königsflügel und gibt seinen wertvollen Läufer her. Vorteil wird erzielt durch 21...Le7! 22.Tc1 b4 23.Tc4 De8 24.Sg3 Sd7µ] 22.Sxf6 Txf6 23.Sxd4 Th6?! [Immer noch besseres Spiel ergab 23...Sb4 24.La3 Sbxd3 25.Lxc5 Sxc5µ] 24.Sxc6 Lxc6 25.Lf3 Dd8? [Erneut überschätzt Schwarz seine Chancen und geht zum direkten Angriff über. Ausglecih ergab die passive Verteidigung 25...Dd7! 26.Le2 Td8 27.Tg1 (27.Tc1? e5 28.Kg2 Sxd3 29.Lxd3 Td6-+) 27...e5 28.Tg3 Sxd3 29.Dxd3 Dxd3 30.Lxd3 Txd3 31.Txd3 Lxe4+ 32.Kg1 Lxd3 33.Tc1 Kg8 34.Lxe5 Txh5 35.Tc7=] 26.Tg1 Dh4+ 27.Kg2 Td8 28.Kf1 [Stattdessen verliert 28.Th1? Dxf4 29.Lc1 De5 30.Lxh6 gxh6 31.Tc1 Dg5+ 32.Kf1 (32.Kh2 Tg8-+; 32.Kh3 Sxd3-+; 32.Kf2 Sxd3+ 33.Ke2 Sf4+-+) 32...Txd3 33.Dxd3 Sxd3 34.Txc6 De3 35.Tc8+ Kg7 36.Tg1+ Kf7 37.Tc7+ Kf6-+] 28...Tg6! 29.Th1? [Auch Weiss greift in dem taktischen Tohuwabohu daneben. Es gewinnt 29.hxg6! Txd3 30.Tg4 (30.De2 Dxf4 31.Tg2 Txf3+ 32.Kg1 Sd3 33.Tf1 Txf1+ 34.Dxf1 Dxf1+ 35.Kxf1 Lxe4 36.Tc2 hxg6 37.La1±) 30...Txd1+ 31.Txd1 De7 32.gxh7+-] 29...Dg3 30.hxg6 Txd3 31.Txh7+ Kg8 32.Txg7+ Kf8 33.Tf7+ Ke8 34.Lg2 Txd1+ 35.Txd1 Lxe4 36.Td2 [Unglaublich, aber der schwarze König steht sicher, der weisse zappelt im Mattnetz: 36.Lxe4? Sxe4 37.Ld4 Df3+ 38.Ke1 Sg3 39.Kd2 Dg2+ A) 40.Kd3 De2+ 41.Kc3 Dxd1-+; B) 40.Kc3 De2 41.Tg1 (41.Ta1 Se4+ 42.Kb4 Dd2+ 43.Ka3 Dxd4 44.Tc1 Sc5 45.Txc5 b4+ 46.Ka4 Dxc5 47.Tb7 Dc6+ 48.Kxb4 Dxb7+ 49.Kc4 Dg7-+) 41...Se4+ 42.Kb4 Dd2+ 43.Ka3 Dxd4 44.g7 Dc5+ 45.Kb2 Dc3+ 46.Ka3 b4+ 47.Ka4 Dc6+ 48.Kxb4 Dc5+ 49.Ka4 Sc3#; C) 40.Kc1 40...Se2+ 41.Kb1 Dxg6+ 42.Kb2 Dxf7-+] 36...Sd3 37.Lxe4 De1+ 38.Kg2 Dxd2+ 39.Kg3 Sxb2?? [Und wieder wendet sich das Blatt. Am einfachsten gewann 39...De3+ 40.Lf3 Se1 41.La3 Dxf3+ 42.Kh4 b4 43.Lxb4 Sg2+ 44.Kg5 Dg3+ 45.Kh6 (45.Kf6 Dxf4+ 46.Kxe6 Dxb4-+) 45...Sxf4 46.Tf8+ Kd7 47.Tf7+ Kc6 48.Tf6 Dh4+ 49.Kg7 Sh5+ 50.Kg8 Dxf6-+] 40.Lc6+ Kd8 41.Td7+ [41.g7 De1+ 42.Kg4 Dg1+ 43.Kh5 Dh2+ 44.Kg6 Dg3+ 45.Kh7 Dh4+ 46.Kg8 b4 47.Kf8 Dh6 48.Td7+ Kc8 49.Ke8 Dh7 50.Tf7 Dg8+ 51.Ke7 Kc7 52.Kf6+ Kxc6 53.Tf8+-] 41...Dxd7 42.Lxd7 Ke7 43.g7? [Weiss schätzt das resultierende Endspiel falsch ein. Ein einfacher Gewinn war 43.Kg4 Kf6 44.Kh5 Sd1 (44...Kg7 45.Lxe6 Sd3 46.Kg5 Sf2 47.f5 Se4+ 48.Kf4 Sf6 49.b4+-) 45.Kh6 Se3 46.b4 Sf5+ 47.Kh7 Sg7 48.Lc8+-] 43...Kf7 44.Lxe6+ Kxg7 45.Lc8 b4! 46.Lxa6 Sd1 47.Kf3 Kf6 48.Lc8 Sc3 49.Ke3 Sxa2 50.Kd4 Sc3 51.Kc5 Sa2 1/2-1/2