(27) Beispiel 7.1: Hübner - Adorjan
WM-Achtelfinale, 1980
Turmendspiele haben den Vorteil, dass sie einfachen Regeln unterworfen
sind, und den Nachteil, dass sie schwer berechnet werden können, weil sich Varianten
über 15-25 Züge hinwegziehen und jedes Tempo entscheidend sein kann. Man muss
sie folglich mit großer Sorgfalt behandeln und immer mit Überraschungen rechnen.
Den Blick hierfür zu schärfen, soll die Aufgabe dieses Vortrags sein.
61...Ta2+ 62.Kf3 Tc3+ 63.Kg4 [63.Ke4? Ta4+ 64.Kd5 Tc5+ 65.Kd6 Td4+ 66.Td5
Tdxd5#] 63...Tg2+ 64.Kh5 Txg5+ 65.Txg5 Tc5?? [Ein typischer Fehler: Schwarz
rechnet nur mit 66.Txc5 bxc5 mit leichtem Gewinn und erwartet die sofortige Aufgabe,
übersieht dabei jedoch den folgenden Zug. Schnell gewann 65...Txh3-+ ] 66.Kxh4!
Txg5 1/2-1/2
(28) Beispiel 7.2: Haberer - Gerstner
Oberliga, 1989
Der weiße Vorteil ist überwältigend: Die Dame dominiert das Brett,
der Springer lähmt den schwarzen Königsflügel und ist weit stärker als der (schlechte)
Läufer. Weiß begeht jedoch einen lehrreichen Fehler:
41.Sxg4? [Weiß will den Gewinn sofort erzwingen, anstatt zunächst seine
Figurenstellung zu verbessern. Dabei hat er alle Zeit der Welt und muss sich nicht
beeilen: 41.Tc3! A) Mit dem König auf g3 ist das Turmendspiel aufgrund
des Mehrtempos verloren: 41...Td2+ 42.Kg3 Td8 43.Sxg4 hxg4 44.Dxg7+ (Ein
weiterer typischer Fehler wäre das Zersplittern der Bauern, wonach der weisse
König den schwarzen Seitenschachs nicht gut ausweichen kann: 44.Tc7? Dxe5 45.fxe5
Td5 46.b6 Txe5 47.Txf7 Te4 48.Txb7 Tb4 49.h5 gxh5 50.Kh4 Kg8 51.Kxh5 g3 52.Kg6
Kf8 53.Tf7+ Ke8 54.Tf1 Txb6+=) 44...Kxg7 45.Tc7 b6 46.Tc6 Td3+ 47.Kxg4 Tb3
48.Txb6 Tb4 49.Tb7 Tb1 50.b6 Tb4 51.Tb8 Tb1 52.b7 Tb4 53.h5 gxh5+ 54.Kxh5 Tb1
55.f5 Tb4 56.f6+ Kh7 57.Te8 Txb7 58.Te7+-; B) 41...Lf5 42.Tc7 b6 43.Tb7
Td2+ 44.Ke1 Td8 45.Dd6! Df8 (45...Tf8 46.Tb8 Lc8 47.Dc7+-; 45...Te8+ 46.Kf2
Lc8 47.Tb8 Tg8 48.Dc7 Df8 49.Sxg8 Db4 50.De5+ f6 51.Sxf6 Dd2+ 52.De2 Dd4+ 53.Kg2+-)
46.Dxd8 Dxd8 47.Txf7+-] 41...hxg4 42.Dxg7+ Kxg7 43.Tc7 Td3! [Weiß
war der Überzeugung, dass Schwarz den b-Bauern verteidigen muss, aber die Aktivität
des Turms wiegt viel schwerer. Dies zeigt die Variante 43...Tb8? 44.b6 Kg8 45.Kg3
Kg7 46.Kxg4 Kg8 47.h5 gxh5+ 48.Kxh5 Kg7 49.f5 Kg8 50.Kh6 Kf8 51.Kh7 Ke8 52.g6+-]
44.Txb7 Tf3+ 45.Kg2 Txf4 46.b6 Tf3 47.Tb8 Tb3 48.Tb7 Kg8 1/2-1/2
(29) Beispiel 7.3: Dworetzki - Kupreichik
Minsk, 1976
Schwarz hat einen Minusbauern, und Weiß droht die Stellung mit Te4-a4
zu verstärken. Trotzdem gibt es eine überraschende Rettung für Schwarz:
1...Tb3! [Zu passiv ist 1...Ta7? 2.Ta4 A) Nicht besser ist der
Versuch, den weißen König am Eindringen zu hindern: 2...Ta6 3.Kg3 Ke5 4.Kf2 Kd5
5.Ke3 Ke5 6.Kd3 Kd5 7.Ta1 Kc5 (7...Ke5 8.Kc4 Kf4 9.Ta3 Txa5 10.Txa5 Kxf3 11.g5
f5 12.Ta6+-) 8.Ke4 Kc4 9.f4 Kc5 10.g5 fxg5 11.fxg5 Kc4 12.Ke5 Kc5 13.Tf1+-;
B) 2...Kc5 3.Kg3 Kb5 4.Ta1 Txa5 (4...g5 5.Kf2 Txa5 6.Txa5+ Kxa5 7.Ke3
Kb5 8.Ke4 Kc4 9.Kf5 Kd3 10.Kxf6 Ke3 11.Kxg5+-) 5.Txa5+ Kxa5 6.Kf4 Kb6 7.g5
f5 8.Ke5 Kc5 9.Kf6 Kd4 10.Kxg6 f4 11.Kf5 Ke3 12.g6 Kxf3 13.g7 Ke3 14.g8D+-] 2.Ta4
Txf3 3.a6 Ke6! [Wieder aktiv gespielt, denn Schwarz gewinnt durch die Mattdrohung
das entscheidende Tempo: 3...g5+? 4.Kh5 Th3+ 5.Kg6 Th8 6.a7 Ta8 7.Kxf6+-] 4.g5
[Es drohte 4.a7?? g5+ 5.Kh5 Kf7-+] 4...fxg5+ 5.Kxg5 Tf8 6.a7 Ta8 7.Kxg6
Kd7 1/2-1/2
(30) Beispiel 7.4: Jonov - Karasiev
Leningrad, 1983
Weiß droht seinen Mehrbauern mit e5-e6 entscheidend vorzustoßen. Schwarz
hat zwei Möglichkeiten, dies zu verhindern und remis zu erzwingen, entscheidet
sich jedoch für die falsche:
1...Te3? [Die Ausnahme von der Regel: HInter dem Bauern wird der Vorstoß
nicht verhindert, das funktioniert nur von der Seite: 1...Ta6! 2.Kg5 Tb6 3.Te7
Tb5! 4.f5 gxf5 5.e6 f4+ 6.Kxf4 Kf6 7.Txf7+ Kxe6=] 2.Kg5 Te2 3.Te7 Te4 4.e6!
[Hier gewinnt der Übergang ins Bauernendspiel! Falsch wäre der Versuch, die
Bauern vorzustoßen: 4.h3? Te3 5.g4 hxg4 6.hxg4 Te1 7.f5 gxf5 8.gxf5 Tg1+ 9.Kf4
Tf1+ 10.Ke4 Te1+ 11.Kd5 Kf8=] 4...Txe6 5.Txe6 fxe6 6.h3 Kf7 7.Kh6 Kf6 8.g4
h4 9.g5+ Kf5 10.Kg7 Kxf4 11.Kxg6 e5 12.Kf6 e4 13.g6 e3 14.g7 e2 15.g8D e1D 16.Dg4+
[16.Dg4+ Ke3 17.De6+ Kf2 18.Dxe1+ Kxe1 19.Kg5 Kf2 20.Kxh4 Kf3 21.Kg5+-]
1-0
(31) Beispiel 7.5: Lomineishvili - Jirovsky
2. Bundesliga, 2000
Schwarz hat einen Freibauern mehr und berechtigte Gewinnchancen. Die
weißen Hoffnungen liegen im pattverdächtigen eigenen König ...
44.Tg7! [Die alte Tarrasch-Regel, dass Türme hinter die Freibauern gehören,
gilt auch für dieses Endspiel. Warum dies so ist, zeigt 44.Th4? Tg1 45.Th7
(45.Kb4 Ka6-+) 45...Td1 46.Tg7 Txd4 47.Txg4 Te4!-+] 44...Tg1 45.Tg6 g3
46.Tg7 Td1 [Zur Partie führt 46...g2 47.Tg8! Td1 48.Txg2 Txd4 49.Tb2! Td1
50.Tb1!=; Remis ist auch 46...Kb8 47.Kb6! (Hier kann Weiß straucheln:
47.Tg8+? Kc7 48.Tg7+ Kc8 49.Tg8+ Kd7 50.Tg7+ Ke6 51.Txb7 g2 52.Tg7 Kf5 53.Ka6
Ke4 54.Tg4+ Ke3 55.a5 Kf3 56.Tg7 Ta1 57.Tf7+ Ke2 58.Te7+ Kd3-+) 47...Tb1+
48.Ka5 Td1 49.Kb6 Kc8 50.Tg8+ Kd7 51.Tg7+ Ke6 52.Kxb7 Txd4 53.Txg3 Txa4 54.Kxc6=]
47.Txg3 Txd4 48.Tb3! Td1 [Damit weicht Schwarz der folgenden Pattfalle
aus: 48...Te4 49.Txb7+! Kxb7=] 49.Tb1! Txb1 1/2-1/2